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Walter Rusch auf den Spuren des Pfullendorfer Malers - Riesiges
Interesse der Bevölkerung
Vor wenigen Wochen erregte ein Ereignis in Pfullendorf Aufsehen, das
zur Verblüffung vieler völlig aus dem Rahmen fiel. Walter Rusch
hatte aufgrund gründlicher Recherchen Leben und Lebenswerk des
Pfullendorfer Malers Matthä Hofmann erkunden können und hatte
sich dann daran gemacht, all seine Erkenntnisse in einer Vortragsreihe der
Pfullendorfer Bevölkerung weiterzugeben. Einige haben den
interessanten und eigenwilligen wie humorvollen Mann kennen gelernt.
Dreimal - und das langte aufgrund des nicht nachlassenden Zulaufes auch
nicht - mußte Walter Rusch seinen Vortrag vor einem
hochinterressierten Publikum wiederholen. In einem Gespräch mit dem
Referenten konnte der Südkurier die Stationen des berühmten
Pfullendorfer Bürgersohnes, der lange Jahre in "der Versenkung"
verschwunden war, in Erfahrung bringen. Dabei fiel auf, daß es sich
1982 zum hundertsten Mal jährt, daß Matthä Hofmann seine
ersten Bilder malte.
Die Lebensgeschichte des Matthä klingt wie ein Abenteuerroman. Als
Sohn des Georg Hofmann, eines Tagelöhners, der in Pacht Kiesabbau
betrieb, und von Rosa Reichle erlebte er aufgrund der wirtschaftlichen
Situation seines Elternhauses eine ärmliche Jugend. Zu Fuß lief
er später zu seiner Arbeitsstelle in Ostrach bei Malermeister
Wallraff. An ein Studium des Zeichentalentes, der mit 16 Jahren, anno
1882, bereits seine ersten Bilder malte, war überhaupt nicht zu
denken. Statt dessen machte er eine Malerlehre durch. Dennoch muß er
sich schon in dieser Zeit einen Namen gemacht haben, denn bereits 1885
wurde er für Renovierungsarbeiten ins erbprinzliche Palais nach
Freiburg gerufen, um diesen Bau für die Hochzeit des
Erbgroßherzogs Friedrich von Baden herzurichten.
Doch es trieb ihn weiter. So brachte er bei schlimmsten Entbehrungen einen
Gewaltmarsch hinter sich, der ihn bei Eis und Schnee und bei schlechtester
Ernährung über Straßburg, Heilbronn, Würzburg und
Plauen nach Leipzig führte. Doch weder bei der damals gerühmten
Malschule noch bei einem Arbeitgeber fand er Aufnahme. Oft ohne einen
Bissen zu essen, marschierte er über Meißen, Dresden, Chemnitz,
Zwickau, Bayreuth, Nürnberg, Regensburg bis Neumarkt in der Oberpfalz
zurück. Hier fand er Arbeit.
1890 findet sich seine Spur dann wieder in der Schweiz und Oberitalien, wo
er einige Ausmalungen vornimmt bzw. einige Gemälde fertigstellte.
1891 eröffnet er in seiner Heimatstadt Pfullendorf ein Geschäft
und genießt bald guten Ruf und Ansehen. 1893 heiratet er Frieda
Müller aus Hilpensberg. In der Hauptsache arbeitet er zu diesem
Zeitpunkt als Handwerkermeister. Er malt die Kirche in Denkingen, die
Spitalkapelle und im Spital den Remter aus. Es entstehen daneben jedoch
auch Landschaftsbilder wie einige Illustrationen. So gestaltet er das
Deckblatt der Heimatzeitung "Bote von Pfullendorf". In den
Gasthäusern "Rößle", "Sternen" und "Hirschen" fertigte er
Wandgemälde. Der Vater von inzwischen sechs Kindern ist in der Stadt
und der Umgebung allerdings ewig und überall mit Skizzenblöcken
anzutreffen. Und es gibt hier und da für ihn auch Aufträge
für Ölbilder.
Der hagere, aufgeschlossene Mann mit seinem unverwechselbaren großen
Schlapphut steht auch mit Kunsthändlern in Verbindung, für die
er viele Kopien anfertigen muß. In der Stadt selbst gilt sein Wort
viel und so ist es nicht verwunderlich, daß er von der
großherzoglichen Handwerkskammer zur Weltausstellung nach
Brüssel im Jahre 1910 gesandt wird. Das macht ihn noch angesehener.
Die Stadt gibt ihm schließlich den Auftrag, eine Mappe mit Ansichten
der Stadt Pfullendorf zusammenzustellen. 47 dieser Zeichnungen sind noch
vorhanden, fünf bislang nicht aufzufinden gewesen.
1917 wird der bereits gesundheitlich angeschlagene zum
"vaterländischen Dienst" nach Brüssel beordert. Dies und die
Ereignisse des ersten Weltkrieges brechen diesen Mann, der sich allerdings
aufrafft, um in den Jahren 1918 bis 1929 an die 605 Ölbilder, die
meisten mit Ansichten der Stadt Pfullendorf, zu malen. Im Rathaus nimmt er
zudem einige Ausmalungen vor. Sein Asthma aber verschlimmert sich
zusehends. Am Freitagvormittag des 20. September 1929 stirbt dieser
große Sohn Pfullendorfs, dessen Nachlaß auch heute noch in
Pfullendorf in vielen Stuben anzutreffen ist.
© Südkurier, Nr. 24 vom 30.01.1982
Pfullendorf: Steinbrunner Tor
(© Bernd Pohl)
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